Amerikanischer Kartoffelblattsauger (Bactericera cockerelli)

Um welchen Schädling handelt es sich?

Der Amerikanische Kartoffelblattsauger (Bactericera cockerelli) ist eine Blattsauger-Art, die zur Familie der Blattflöhe (Triozidae) gehört. B. cockerelli ist der wichtigste Überträger einer Krankheit bei Kartoffeln, Toamaten u.a. Nachtschattengewächsen, die durch das Bakterium Liberibacter solanacearum ausgelöst wird. Der Kartoffelblattsauger tritt in Europa noch nicht auf und ist in der EU als prioritärer Quarantäneschädling geregelt um auch die Einschleppung des Krankheitserregers zu verhindern.

 

Obwohl Symptome an Kartoffeln ("Zebra chip disease") bereits in den 1990er-Jahren in Nordamerika beschrieben wurden, konnte der Erreger erst 2008 an Kartoffeln nachgewiesen werden. Liberibacter solanacearum besiedelt das Phloem der Pflanzen. Es gibt mehrere Haplotypen (A-F): drei (A, B und F) treten an Nachtschattengewächsen in Nord- und Zentralamerika bzw. in Neuseeland auf; drei (C, D und E) sind in Europa und Nordafrika an Doldenblütlern verbreitet, ein weiterer (U) wurde 2018 erstmals an der Großen Brennessel (Urtica dioica) nachgewiesen. L. solanacearum (Typ C), der vom heimischen Karottenblattsauger (Trioza apicalis) übertragen wird, wurde 2014 in Tirol an Karotten und Sellerie gefunden.

Die Epidemiologie der Krankheit ist in vielen Punkten noch unklar, z.B. hinsichtlich der Wirtsspezifität der einzelnen Haplotypen (in Spanien wurde der Typ E in symptomatischen Kartoffeln gefunden), der Rolle der Samenübertragbarkeit bei Doldenblütlern und der möglichen Rolle anderer Blattsaugerarten bei der Übertragung.

Was sind die Einschleppungswege und wie erfolgt die Ausbreitung?

Der Import von Pflanzen zum Anpflanzen von Solanaceae (Familie der Nachtschattengewächse) aus Amerika und Neuseeland in die EU ist zwar verboten, die Einfuhr von Früchten (z.B. Tomaten, Paprika, Melanzani) ist aber erlaubt. Die Einschleppung nach Neuseeland erfolgte vermutlich mit Rispentomaten, an denen sich Eier bzw. Larven des Kartoffelblattsaugers befanden. Hat sich die Krankheit einmal angesiedelt, so wäre der Handel mit Pflanzkartoffel ein wichtiger Verbreitungsweg innerhalb der EU.

Lokal breitet sich die Krankheit durch die verschiedenen, flugfähigen Blattsaugerarten aus. Bei Nachtschattengewächsen ist der Kartoffelblattsauger der wichtigste Überträger.

Was wird getan, um die Einschleppung und Verbreitung zu verhindern?

Basierend auf einer Risikobewertung der EPPO wurden in einer EU-Arbeitsgruppe Maßnahmen zum Schutz der EU vor der Einschleppung des Vektors und der in Europa nicht auftretenden L. solanacearum-Typen ausgearbeitet. Diese sind seit Jänner 2018 in Kraft und umfassen Vorschriften hinsichtlich der Einfuhr von Wirtspflanzen aus Drittländern. Zudem sind nun Früchte von Tomaten bei der Einfuhr phytosanitär kontrollpflichtig und werden ebenso wie Paprika und Melanzani auf einen Befall mit dem Amerikanischen Kartoffelblattsauger kontrolliert. B. cockerelli ist nun auch als prioritärer Schädling gelistet, das heißt dass in den Mitgliedsstaaten Überwachungsmaßnahmen zur Früherkennung eines Befallsherds getroffen werden.

Wie kann man einen Befall erkennen?

Symptome an den Pflanzen entstehen insbesondere wenn auch das Bakterium übertragen wird. Bei starkem Blattsaugerbefall kommt es zu Qualitätsminderungen durch die Ausscheidung weißer körniger Exkremente an den Früchten. Symptome der Krankheit äußern sich durch Wuchsdepressionen und Blattrosettenbildung, die Triebe können verkürzte Internodien aufweisen und verdreht sein, die Blätter sind häufig chlorotisch oder rot verfärbt und nach oben gerollt oder verdreht (Bild 1). An Kartoffeln können sich Knollen in den Blattachseln bilden. Beim Schnitt durch die Knollen zeigen sich nekrotische Striche im Gewebe (Bild 2), die beim Frittieren stärker ausgeprägt werden (daher der englische Name: 'zebra chip disease' - Bild 3).

Der Kartoffelblattsauger (Bild 4) ist 2,5 – 2,75 mm groß mit zwei Paar durchsichtigen Flügeln. Seine Farbe variiert je nach Alter (frisch geschlüpfte sind die Psylliden grünlich, später dunkelgrau). Typisch ist dass das erste und letzte Segment am Hinterkörper (Abdomen) weiß ist. Die Eier werden einzeln meist am Blattrand abgelegt. Aus ihnen schlüpfen die Nymphen, die sich meist an der Blattunterseite aufhalten. Die fünf Stadien sind 0,23 bis 1,60 mm groß, elliptisch und abgeflacht, fast schuppenförmig, zu Beginn orangefarben, später gelblich-grün mit markanten rötlichen Komplexaugen. Die Flügelanlagen zeigen sich ab dem dritten Stadium und werden mit jeder weiteren Häutung deutlicher.

Bitte melden Sie Verdachtsfälle an den jeweils zuständigen Pflanzenschutzdienst Ihres Bundeslandes.

Welche Bedeutung hat der Schädling für die Pflanzenproduktion in Österreich?

Den größten wirtschaftlichen Schaden verursacht der Kartoffelblattsauger (bzw. die von ihm übertragene Krankheit) in der Kartoffel- und Tomatenproduktion. Das Wirtspflanzenspektrum an Nachtschattengewächsen ist aber sehr viel breiter.

Das Bakterium ist im gemäßigten Klima Nordamerikas und Neuseelands verbreitet, kann dort epidemisch auftreten und führt zu Ertrags- und Qualitätsverlusten. Das Schadensausmaß hängt von der Verbreitung und Populationsdichte bzw. der Bekämpfbarkeit der Vektoren ab. In einer Risikobewertung der EPPO wurde das Klima im derzeitigen Verbreitungsgebiet mit jenem der EU verglichen. Demnach ist zu erwarten, dass sich der Kartoffelblattsauger im südlichen und zentralen Teilen der EU sowie in nördlichen Gebieten, die milde Winter haben, dauerhaft im Freien ansiedeln kann. Eine Ansiedlung in Gebieten mit strengen Winterfrösten ist unwahrscheinlich, weshalb das Schdenspotential für den Kartoffelanbau in AT als eher gering einzustufen ist. Die Gewächshausproduktion von Wirtspflanzen (insbesondere Tomaten) bietet jedenfalls gute Bedingungen für die Ansiedlung.

Wo kann ich weitere Informationen finden?

Allgemeine Informationen und Risikobewertung der EPPO:

EFSA Pest Survey Card zu ‘Candidatus Liberibacter solanacearum’ und dem Vektor Bactericera cockerelli:

 

Für den Inhalt verantwortlich:

Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH
Amtlicher Pflanzenschutzdienst

DI Robert Steffek
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Stand der Information: August 2023